“Steele zeigt Gesicht” – Rückblick auf die Kundgebung am 16.02.

Gut 800 Menschen kamen am Freitag, den 16.2.2024 auf dem Steeler Grendplatz zusammen, um gegen die AFD und für Demokratie, Vielfalt und Solidarität ein Zeichen zu setzen und Gesicht zu zeigen.

Tolle Redebeiträge von Veranstaltern und Betroffenen und groovige Musik von SambaRuhrgebiet. 

Veranstalter der Kundgebung war der Runde Tisch Steele, ein Zusammenschluss von 28 lokalen Gruppen, Vereinen und Initiativen, u.a. das Grend-Kulturzentrum und das Bündnis Steele bleibt bunt!

Die Stellungnahme des Runden Tisch Steele, die der Kundgebung zugrunde liegt, gibt es HIER

Ein Videobeitrag über die Veranstaltung von SteeleTV gibt es HIER

Wir zeigen Gesicht – Redebeitrag auf der Kundgebung

Essen, 16.02.2024, Gemma Russo-Bierke

Liebe Alle,

Heiner Mausehund und ich haben zusammen ein kleines Video im Vorfeld zu dieser Veranstaltung gepostet. In dem wir zu der Veranstaltung heute aufrufen.

Die Kommentare darunter und unter vielen anderen Beiträgen zu dieser Veranstaltung sprechen Bände und sie binden unglaublich viel Ressourcen. Selbst auf die harmloseren Kommentare wie “Genau wegen Euch wähle ich AfD. Danke für Eure Werbung”, “Euer Keks ist echt weich”, “System Lemminge in bester Reinform. […]” versuchen die Moderator*innen der Portale mit Argumenten zu reagieren. Demokratisch. Das ist mühsam, aber alternativlos.

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Moderator*innen der Social Media Accounts bedanken, die sich täglich dafür einsetzen an den Stellen sachlich zu bleiben und mit Argumenten gegen Hetze und Populismus vorzugehen.

Vielen Dank!

Wir wussten jedoch im Grunde vorher, was es für Reaktionen auslöst, wenn wir AFD#nee mit in den Aufruf aufnehmen.

“Eine Gemeinschaft der Ähnlichen” – oder warum die AfD unwählbar ist

“Eine Gemeinschaft der Ähnlichen”, das ist wovon der Kandidat der Afd für die Europawahl am 01. Juni, Maximilian Krah, spricht.

Auf Instagram spricht er seine “Zuschauer” direkt an, also in dem Moment, in dem ich durch seine Timeline scrolle, spricht er auch mich an und er sagt mir, ganz cool und selbstbewusst:

 „Du wirst nicht abgeschoben, denn du sollst mich wählen!“. Na, Herr Krah, da bin ich ja beruhigt.

Wer dann wem „ähnlich“ ist wird von Menschen wie Herrn Höcke und Herrn Krah und Frau Weidel definiert, denen ich sehr unähnlich bin.

Und bevor ich mich nun zwischen “abgeschoben werden” und “AfD-wählen” entscheiden muss, bin ich froh, dass ich mich hier heute noch äußern darf.

Das Einzige, was uns zwingend verbinden muss, ist NICHT unsere Ähnlichkei, sondern es ist das Verständnis des Wertes unseres Grundgesetztes

In diesem Rahmen, im Rahmen des Grundgesetztes, können wir vielfältig und unähnlich, aber dafür frei und in Europa erfolgreich bleiben.

Warum konzentrieren wir uns hier und in den Debatten auf die AfD und nicht auch auf die rechten und auch linken Ränder anderer Parteien?

Wir, die Mitglieder des Runden Tisch Steele, repräsentieren NICHT ALLE aber sehr viele. Vor allem ein sehr breites politisches und zivilgesellschaftliches Spektrum von links bis rechts. Einige christlich-konservative Haltungen treffen auf queer-feministische Thesen

Ich darf einen Baum umarmen oder mich über die Errungenschaften des Feminismus freuen, ohne Sorge haben zu müssen hier ausgeschlossen zu werden.

In den Bündnissen hier vor Ort, beim Runden Tisch Steele, beim Bündnis “Mut machen – Steele bleibt bunt”, in den Vereinen und Institutionen, beim Verbund der Kaufleute “Intercity Steele” oder auch bei uns im GREND gibt es genauso Meinungsverschiedenheiten wie überall anders auch:

  • Fürs Gendern gegen das Gendern
  • Für mehr Parkplätze oder gegen mehr Parkplätzen
  • Für eine Vermögenssteuer und gegen eine Vermögenssteuer

So ist es in dieser vielfältigen Gesellschaft. Ich muss damit leben, Gegenwind zu bekommen. Muss um Argumente ringen und scheitere. Genauso wie ich auch an mir selbst scheitere.

  • Was ich weiß,
  • was ich tun sollte
  • und dass was ich am Ende des Tages tue,
  • das sind zwei Paar Schuhe.

Doch für unsere Zusammenarbeit vor Ort ist es nicht ausschlaggebend, ob ich immer richtig liege. Ausschlaggebend sind die ersten Artikel unseres Grundgesetzes.  

Wir alle zusammen können uns den Herausforderungen stellen. Wir sind in der Lage hierüber zu verhandeln und praktisch passiert dies auch. Mal klüger und mal weniger klug. 

Dieses ” Potential” kann ich bei den Funktionären der AfD nicht erkennen.

Ich bin fest davon überzeugt, bei allem, was ich auf den Profilen führender AfD Politiker*innen lese, was ich im Essener Stadtrat von AfD Politiker*innen höre, was ich in Wahlprogrammen und auf Wahlplakaten der AfD lese, dass mit dieser Parteiführung eine Aushandlung definitiv nicht möglich ist. 

Unsere innenpolitisch größte Herausforderung ist der Umgang mit den populistischen, spaltenden und volksverhetzenden Kräften der AfD. 

Was heißt das konkret für uns alle? Wir müssen wählen gehen. Egal wen, nur nicht die AfD.

Nicht wählen ist keine Option.


Hierzu ein Gedankenspiel aus dem Alltag:

Auf einen Job als Geschäftsführer in meiner Organisation bewerben sich vier Kandidaten*innen mit fachlichen Schwächen und einem Hang zur schlechten bzw. ungenügenden Kommunikation.

Aber auch ein fünfter, ein selbstverliebter Typ, der gut reden kann und mir verspricht, dass sich alles für mich zum besseren wendet. Und zwar mit ganz einfachen Lösungen.

Die meisten anderen Mitarbeiter*innen in der Organisation findet er dumm und faul und auf sie kann er gut verzichten. Aber mir bietet er eine Beförderung an “denn ich soll ihn wählen”. Mit mir will er eine “Gemeinschaft der Ähnlichen” gründen.

Im Unternehmen geht es demokratisch zu. Die Mitarbeiter dürfen entscheiden, wer die Firma in Zukunft führen soll. Und weil sich die anderen Kollegen bei keinem der Kandidaten so recht sicher sind, entscheiden sie sich dazu, sich zu enthalten. 

Naja, nicht alle: Ich wähle. Und zwar den, der mir unkompliziert Erfolg verspricht.

 Eine Stimme kann alles entscheiden, wenn der Rest ruhig ist. 

Auch das ist Demokratie. 

…und dann hat man plötzlich ein riesengroßes, unempathisches Arsch als Vorgesetzen und das mit der Gehaltserhöhung hat er sich auch nochmal überlegt.

Geht wählen. Aber nicht die AfD!

Gemma Russo-Bierke

(Geschäftsführung, Kulturzentrum GREND e.V.)